Interview mit Pascal Jenny, Direktor Arosa Tourismus
Was 2005 begann, ist heute ein fester Bestandteil des Aroser Sommers und begeistert mit Oldtimer-Faszination, alpiner Kulisse und unvergesslichen Momenten.
Tourismusdirektor Pascal Jenny erinnert sich an Regen, Sternenhimmel und starke Begegnungen – und zeigt, wie viel Herzblut in diesem Event steckt.
Drei Elemente möchte ich hier erwähnen. Erstens, die Arosa ClassicCar sorgt dafür, dass der Sommer eine ganz andere Bedeutung erhält – zusammen mit Attraktionen wie dem Bärenland. Zweitens, die Faszination für alte Autos und Motoren sowie für dieses Handwerk ist etwas, das Jung und Alt fasziniert. Ich staune, wie die Aroser weiter über das Pensionsalter hinaus sich im Fahrerlager bewegen. Und drittens: Meine erste ClassicCar als Tourismusdirektor, damals im Jahre 2008, bleibt mit vier Tagen Dauerregen und Gummistiefeln in bester Erinnerung – wir lachten trotzdem ganz viel.
Die Essen auf dem Weisshorn sind immer speziell – ich erinnere mich an einen Abend, als die Gondel den grauen nebelverhangenen Himmel hinter sich liess, um dann den Gästen die wunderbare Sicht auf den dunkelblauen Himmel und die Sterne zu bieten. Selbst gestandene Männer und Frauen waren sehr berührt ab diesem wunderbaren Moment.
Doch Arosa hat auch einige schwierige Momente erlebt. Der Unfall bei der Bergabstrecke bleibt in Erinnerung, als ein Fahrer mit seinem Auto durch die Bäume hindurch flog und auf dem Dach landete. Um dann unmittelbar danach den Vater anzurufen und zu sagen: «nichts passiert». Das ist ein Moment, da wird dir bewusst, dass die Arosa ClassicCar nicht einfach ein Event mit schönen Autos ist.
In Erinnerung bleibt mir auch die letzte Umarmung mit Rennleiter Ueli Schneiter, als er sagte, jetzt sei wirklich Schluss. Ueli hat enorm viel für diesen Event gemacht und bedeutet mir sehr viel (Anmerkung: auf arosaclassiccar.ch/de/medien/Blog gibt’s die Geschichte «Der letzte Mohikaner» zu lesen, welche 2022 anlässlich der Verabschiedung von Ueli Schneiter im Arosa ClassicCar Magazin erschien).
Als Tourismusdirektor bist du ständig auf Nadeln und du hast die operative Verantwortung. Da kannst du den Event weniger geniessen. Jetzt, in der Funktion als Präsident Arosa Tourismus, habe ich keine grossen Aufgaben mehr und bin vor allem Stolz auf diesen Event, wie er organisiert wird und wie das die heutige Crew macht.
Der Event basiert auf der Nachhaltigkeitsstrategie 2030. Da kommt immer die Frage auf, wie man diese Strategie mit der Arosa ClassicCar vereinbaren kann. Die Arosa ClassicCar ist das perfekte Beispiel, um aufzuzeigen, dass es vier Dimensionen gibt, die alle wichtig sind. Governance: Ohne Arosa ClassicCar wäre die Sommersaison schwierig tragbar zu halten. Also haben wir beschlossen, den Event weiterhin durchführen zu wollen. Soziales: Die Teilnahme am Event ist kostenlos und führt ausserhalb der eigenen vier Wänden Menschen zusammen. Ökologie: Die Mobilität verändert sich. Auch wir kommen nicht darum herum, dies zu thematisieren. Abgasen kommt eine wichtige Bedeutung zu. Ökonomisch: wir sind gezwungen, Sponsoren zu finden und eine funktionierende Rechnung abzuliefern.
Ja, das ist ein Change-Prozess, der machbar ist. Als Ferienregion sind wir in vielen Bereichen daran, Change umzusetzen, beispielsweise rüsten wir Pistenfahrzeuge von Diesel auf andere Kraftstoffe um. Wir müssen als Arosa ClassicCar die Offenheit haben, mit der Zeit zu gehen und bereit zu sein für Change. Wir können heute noch nicht sagen, wie dieser Change in fünf Jahren aussehen wird, aber offene Ohren zu haben und anzunehmen, was kommt, das ist wichtig. Wir zeigen, dass wir das in Arosa können.
Mit Blick auf die Arosa ClassicCar hoffe ich auf gutes Wetter, viele Zuschauer, unfallfreie Fahrten. Das Jubiläum ist nicht zuvorderst in den Gedanken. Und dennoch: du sitzt am Anlass und wärmst alte Geschichten auf. Das ist speziell, darauf soll man sich freuen, so kommt die eine oder andere Episode aus vergangenen Tagen nochmals auf. In einer schnelllebigen Welt ist es schön, dass man sich Zeit nimmt für die Arosa ClassicCar. Das passt zu den Oldtimern.
Alvis ist eine jener Automarken, die längst von der Bildfläche aktiver Hersteller verschwunden sind. 1967 lief die letzte Baureihe vom Band. Der Grenfell mit Kompressor-Motor hat für seine Zeit unglaublich starke 140 PS bei einem Gewicht von einer guten Tonne. Einst in Deutschland gefunden und als Wrack importiert, hegt und pflegt Hansueli Bächli den Alvis mittlerweile seit vielen Jahren. Und geniesst ihn: «Schöne Momente sind für mich immer in Arosa – vor allem der Corso – das ist immer was vom Verrücktesten. Und auch die Streckenposten am ClassicCar sind ein Highlight. Im Schoggi-Rank machen sie immer die Welle. Das Teilen guter Geschichten mit guten Autos ist einfach wunderbar.»
Die Faszination für Oldtimer hängt sicherlich auch damit zusammen, dass man sie im heutigen Strassenbild kaum mehr sieht. Denn man darf sie pro Jahr nicht mehr als 3’000 Kilometer bewegen. So ziehen Alvis, Riley, Pontiac und wie sie alle heissen, wenn sie dann mal auftauchen, schnell ihre Blicke auf sich. Ob Italiener, Engländer oder Amerikaner: Die Highlight-Palette ist in Arosa gut bestückt, was die Vorkriegswagen betrifft.
Die Freiwilligenarbeit zu bewahren, auch in Schanfigg im Tal, in der fusionierten Gemeinde war und ist für den Event enorm wichtig. In den letzten Jahren hat diese Zusammenarbeit ein bisschen abgenommen. Mein Wunsch ist, dass die Bereitschaft an einem solchen Event mitzumachen hoch bleibt oder gar wieder zunehmen wird.